Natürlich gibt es auch Partnerschaften, die ohne Sexualität bestehen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen einer Beziehung, die als eingetragene Lebensgemeinschaft – also als Ehe – funktioniert und einer Beziehung, in der man sich sicher ist, ohne Trauschein leben zu wollen, ist die Verbindlichkeit.

Die meisten Paare, mit denen ich in intensivem Kontakt stehe, sind zehn bis fünfzehn Jahre verheiratet. Meine Generation. Wir haben nicht geheiratet, weil ein Kind unterwegs war, sondern die meisten von uns haben frei und ungezwungen beschlossen, sich das Ja-Wort zu geben.
Die gefeierte Hochzeit und das Bekennen zu einer/m Partner/in haben etwas Endgültiges. Wir entscheiden uns dafür, mit dieser/m einen Menschen wenigstens den Versuch zu starten, in guten wie in schlechten Zeiten, den Rest unseres Lebens zu verbringen. Das hat den Vorteil, dass wir uns ganz und gar fallen lassen können. Wir dürfen uns dem Partner so zeigen, wie wir sind, denn wir sind ihm und uns sicher. Auch dann, wenn wir, im Falle des Misslingens, eine Scheidung in Betracht ziehen.

Partnerschaften haben immer etwas Offenes und Unverbindliches. Deshalb gehen die Partner auch anders miteinander um. Die schnelle Möglichkeit, den anderen jederzeit ohne große Umstände verlassen zu können, gaukelt Freiheit vor, die eigentlich Selbstbetrug ist. Gleichzeitig fehlt ihr die Verbindlichkeit, die die Partner dazu bringt, sich immer am Riemen zu reißen. Dies kann im Umkehrschluss bedeuten: in einer Partnerschaft sind beide stets bemüht, dem anderen ihr wahres Gesicht zu verbergen.

In einer Ehe hingegen werden wir viel intensiver mit den Schattenseiten des Partners/der Partnerin konfrontiert und müssen uns somit auch viel mehr mit unseren eigenen (unterdrückten, nicht gelebten) Schattenanteilen (die der andere uns unbewusst spiegelt) auseinandersetzen. Im günstigsten Fall geht dieser Prozess mit enormem Erkenntnisgewinn für beide Seiten einher und ist ein langfristiger Gewinn für die Verbundenheit der Ehepartner.

Es ist ein Trugschluss, dass der Sex in einer Partnerschaft immer frisch ist und nur in einer Ehe langweilig wird. Die Leidenschaft lässt in beiden Fällen meist nach, denn je länger die Lebensabschnittpartner miteinander leben, desto schwerer wird es, sich zu verstellen. Allerdings finde ich es viel einfacher, die Konsequenz des endgültigen Schlussstriches in einer Partnerschaft zu ziehen, weil man sich eben kein Versprechen gegeben hat.

Da das „Leiden“ an einem Mangel an Sex allerdings bei allen gleich ist, dürfen natürlich auch diejenigen, die in einer Partnerschaft leben und nicht verheiratet sind, mein Buch lesen.
Eure Mina

 

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